«Am Anfang hatte ich keine Ahnung von Strom»
Als ich vor bald sieben Jahren in die Schweiz kam, hatte ich beruflich einen schweren Stand. Meine Grafiker-Ausbildung zählte hier nicht und ich fand keine Stelle. Auch mein Deutsch war damals noch sehr schlecht. Deshalb habe ich jahrelang in Gastrobetrieben gejobbt. Als ich vom Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung» erfahren habe, wusste ich, dass ich damit mein Berufsleben noch einmal neugestalten kann. Seit 2022 mache ich nun die Lehre zum Montage-Elektriker EFZ und finde es super.
Im Gazastreifen habe ich jahrelang als Grafikdesigner gearbeitet. Wegen den politischen Spannungen war der Alltag für mich schwer zu bewältigen. Deshalb habe ich mich 2016 dazu entschlossen, zu meiner Familie zu ziehen, die schon seit 15 Jahren in der Schweiz lebt. Weil ich hier nicht in meinem erlernten Beruf arbeiten konnte, habe ich in orientalischen Restaurants gekocht. Mit diesem Job bin ich aber weder beruflich weitergekommen noch konnte ich mich kulturell integrieren. Irgendeinmal habe ich aufgegeben und mich bei der Sozialhilfe angemeldet. Dort erzählte mir meine Beraterin vom Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung». Mein Bruder arbeitet schon lange als Elektroplaner und hat mir diese Branche empfohlen. Bei seinem Arbeitgeber konnte ich daraufhin ein 6-monatiges Praktikum machen. Sie hatten aber leider keine Lehrstelle frei und ich habe mich bei unzähligen Firmen für eine Lehrstelle beworben. Wegen meinen schlechten Sprachkenntnissen erhielt ich viele Absagen. Doch Beat Bürgin hat mir in seiner Elektrofirma eine Lehrstelle angeboten und seit August 2022 mache ich dort die 3 Jahre dauernde Lehre zum Montage-Elektriker EFZ. Nach meinem Abschluss im 2025 möchte ich unbedingt weitermachen und mich zum Elektroinstallateur weiterbilden.
Das ist meine letzte Chance
Zu Beginn meiner Lehrzeit war es sehr schwierig für mich, meine Familie, die Schule und die Arbeit unter einen Hut zu bringen. Alles war neu und ich hatte keine Ahnung von Strom oder der Theorie, die wir in der Schule lernen. Weil es so stressig war, wollte ich in den ersten drei Monaten aufgeben. Doch dann habe ich mir alle Minus- und Pluspunkte der Ausbildung aufgeschrieben und realisiert, dass sie nicht nur meine zweite, sondern auch meine letzte Chance für eine erste Ausbildung ist. Ich musste und wollte sie unbedingt machen.
Ich stehe um 4 Uhr auf, damit ich genug Zeit zum Lernen habe
Was ich auch unterschätzt habe: Obwohl wir in der Schule alles auf Hochdeutsch lernen, sprechen alle im Job Dialekt. Das ist zwar schwierig für mich, aber ich lerne dadurch auch viel über die Schweizer Kultur. Trotzdem brauche ich vor allem wegen der Sprache mehr Zeit, um den Schulstoff zu lernen. Damit ich mich auf die bevorstehenden Prüfungen vorbereiten kann, stehe ich morgens um 4 Uhr auf, damit ich genug Zeit zum Lernen habe. Mit meiner zweijährigen Tochter komme ich am Abend sonst nicht dazu.
Ich mag mein Team und meine Mitschüler
In meiner Klasse bin ich mit meinen 40 Jahren der Älteste. Trotzdem habe ich einen guten Kontakt zu den anderen und wir respektieren uns gegenseitig. Auch mein Team bei der Beat Bürgin Elektro AG ist super. Seit ich in der Schweiz lebe, ist es für mich der erste Betrieb, in dem ich vor allem mit Schweizern zusammenarbeite. Vorher war ich immer in arabischen oder kurdischen Betrieben angestellt. Auch deshalb wollte ich unbedingt hier meine Ausbildung machen. Ich wollte die deutsche Sprache und die Schweizer Kultur kennenlernen. Die Lernenden sind auch hier jünger als ich. Das macht aber keinen Unterschied. Wir sind alle gleich und unterstützen uns gegenseitig.