Über Umwege zum Traumberuf
Als ausgebildete Archivarin hätte ich nicht gedacht, dass ich mich einmal zur Fachfrau Gesundheit ausbilden lassen würde. Dass die Schweiz meinen kongolesischen Abschluss nicht anerkennt, ist für mich unterdessen Glück im Unglück. Denn mit meiner sozialen Art und meiner Liebe für die Menschen bin ich in der Pflege genau am richtigen Ort.
Als ich in die Schweiz kam, wusste ich nicht, dass mein Abschluss hier nicht gültig ist und ich nicht in meinem erlernten Beruf arbeiten kann. Neben meinem Abschluss, der mir nur im Kongo etwas nützt, waren auch meine fehlenden Deutschkenntnisse ein grosses Hindernis für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Um mir einen Deutschkurs zu finanzieren habe ich deshalb als Putzkraft gearbeitet. Und ich bin zweimal Mutter geworden.
Erstausbildung und Kinder? Hart aber möglich
Auch als Mami wollte ich die Familie finanziell unterstützen und machte die Ausbildung zur Pflegehelferin beim Roten Kreuz. Mir gefiel die Arbeit mit Menschen und ich wollte in diesem Gebiet weitermachen. Doch wie? Eine Freundin erzählte mir vom Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung» und ich habe mich sofort beworben.
Am Anfang war es schwierig. Nicht nur wegen der generellen Umstellung, sondern auch, weil einiges nicht geklappt hat. Da ich nicht alleinerziehend bin, wurde bei der Berechnung der Stipendien z. B. die Kinderbetreuung nicht einberechnet. Das Familieneinkommen hat aber dafür nicht ausgereicht. Deshalb hat sich die Stiftung dafür eingesetzt, dass die Praxis diesbezüglich angepasst wird. Es hat zwar ein Jahr gedauert, bis ich das Geld erhalten habe, jetzt profitieren aber alle von meiner Geschichte.
Ich arbeite ein bis zwei Mal im Monat am Wochenende und im Spätdienst. Mein Mann ist Koch und arbeitet deshalb oft am Abend. Obwohl wir die Tagesbetreuung unserer Kinder geregelt haben, gibt es Ausnahmen, an denen wir am Abend beide nicht zu den Kindern schauen können. Dann springen unsere Freunde ein. Meine Kinder sind jetzt 5 und 7 Jahre alt und haben viel Verständnis für meine Ausbildung. Sie können die Situation gut nachvollziehen, weil sie selbst zur Schule gehen. Auch mein Mann unterstützt mich gerne. Er kennt den Weg, weil er seine Kochausbildung auch in der Schweiz gemacht hat. Damals noch ohne Kinder. Aber schwer war es trotzdem.
Keine Frage, ich will mit Menschen arbeiten
Am besten an meiner Ausbildung gefällt mir, mich um Menschen zu kümmern und mit ihnen in Kontakt zu sein. Bevor ich mich für den Beruf der Fachfrau Gesundheit entschieden habe, machte ich im BIZ einen Wissenstest. So habe ich herausgefunden, dass dieser Beruf genau zu mir passt. Im 2019 habe ich daraufhin meine Ausbildung in einem Altersheim der Stadt Biel begonnen. Gerade die Betreuung älterer Menschen erfordert viel Flexibilität und ein feines Gespür für ihre Bedürfnisse. Das ist nicht immer einfach und noch schwieriger, wenn jemand z. B. dement ist. Es wird aber nie langweilig.
Im ersten Lehrjahr haben wir uns sehr mit dem Thema Hygiene befasst. In den kommenden Monaten muss ich mein Wissen zu Medikamenten aufbauen. Ich werde in diesem Rahmen auch lernen, wie man z. B. Spritzen setzt und bin schon sehr gespannt, was hier alles auf mich zukommt.